Langnau hockt wieder auf dem Ofenbänkli
Klaus Zaugg
Im neuen Tempel wollten die Langnauer zu neuen Ufern aufbrechen. Nach der 4:5-Pleite gegen Ambri wird klar: Sie sind gefangen in der Wohlstands-Falle.
Ja, wir wollen hier noch einmal kurz innehalten und es noch einmal würdigen: Der neue Hockey-Tempel in Langnau ist für das Emmental ein Jahrhundert-Bau. Unternehmer aus dem Emmental und die Langnauer Steuerzahler haben 30 Millionen investiert. Ein solches Bekenntnis zum Hockeyunternehmen im Dorf hat es in unserem Hockey noch nie gegeben.
Die Eröffnungsparty am 20. Oktober war grandiios. 3:2 wurde Tabellenführer Servette gebodigt. Die Hoffnung auf die zweiten Playoffs lebte wieder auf. Die Euphorie ist inzwischen der grossen Ernüchterung gewichen. Von den sechs Heimspielen im neuen Tempel sind vier verloren gegangen und die Langnauer sind ans Tabellenende abgestürzt. Zuletzt haben sie sogar gegen Ambri verloren (4:5).
Es wird keiner mehr Luft haben zum Reden
Die SCL Tigers sind auf dem Papier im Kampf um die Playoffs nur ein Aussenseiter. Das Problem ist nicht das fehlende Talent. Sondern der Mangel an Disziplin, Ordnung, Zweikampfhärte und Leidenschaft. So lässt sich fehlendes Talent nicht kompensieren. Für Disziplin, Ordnung, Zweikampfhärte und Leidenschaft ist der Trainer zuständig.
Dem widerspricht Trainer John Fust nicht und kündigt gegenüber 20 Minuten Online für die Nationalmannschaftspause sozusagen eine «Überlebensübung» an. «Wir werden nichts anderes als das Zweikampfverhalten trainieren. Viel wird nicht gesprochen werden. Weil keiner Luft haben wird zum Reden.»
Das «System Fust» funktioniert nicht mehr
John Fust sieht die zentrale Schwäche in der fehlenden Aggressivität seiner Spieler in den Zweikämpfen. Das ist bedenklich, ja alarmierend. Das «System Fust» funktioniert nicht mehr. Es muss nach der Nationalmannschaftspause wieder funktionieren. Sonst ist auf einmal die Vertragsdauer (bis 2015) das einzige Argument, um am Trainer festzuhalten.
Wenn eine Mannschaft ein neues Stadion bekommt, neue Kabinen und eine bäumige Infrastruktur, dann darf eine Reaktion erwartet werden. Es geht nicht um Siege oder Niederlagen. Es geht um die Art und Weise der Niederlagen. Eishockey ist ein unberechenbares Spiel auf einer rutschigen Unterlage - Fehler, Irrtümer, Niederlagen gehören dazu wie der Puck und die Schlittschuhe. Aber es ist unentschuldbar, wenn Spiellust und Leidenschaft und Kampfgeist und Biss fehlen.
Wirtschaftliche Folgen des Umbaus noch nicht abzusehen
Kaum in den schönen, neuen Hockey-Tempel eingezogen, sind die Langnauer weich und nachlässig geworden. In diesem ungewöhnlichen Stadion spielt eine gewöhnliche Mannschaft. Mit fünf Heimspielen in den letzten zwölf Tagen vom 23. Oktober (2:4 gegen Davos) bis zum 3. November (4:5 gegen Ambri) hatten die Langnauer die Chance, ins Playoffrennen zurückzukehren. Mit nur einem «Gratis-Sieg» (5:1 Lakers) haben sie diese goldene Möglichkeit leichtfertig vergeben. In diesen zwölf Tagen ist die Saison verspielt worden. Nun geht es 33 Runden lang nur noch um die Vorbereitung auf die Playoffs.
Die wirtschaftlichen Folgen dieser zwölf schwarzen Tage sind noch nicht abzusehen. Im neuen Tempel müssen pro Saison brutto zwei Millionen mehr verdient werden als im alten Stadion.
Aber das haben die Langnauer noch nicht kapiert. Die bisher einzige Auswirkung des neuen Stadions auf die Kultur der SCL Tigers: Es ist jetzt einfach allen wohler. Den Spielern in der schönen neuen Kabine, dem Präsidenten und dem Manager - und den Zuschauern. Aber auf Dauer kommen die Zuschauer nicht, weil es ihnen ein wenig wohler ist im neuen Stadion. Die SCL Tigers sind in eine «Wohlstandsfalle» geraten.
Tigers brauchen neues Management
Präsident Peter Jakob (er hat rund 15 Millionen ins neue Stadion investiert) und sein Freund und Manager Ruedi Zesiger unterschätzten die Situation. Die gross angekündigte Anpassung der Unternehmensstrukturen an die neue Situation (u.a. mit einem neuen Sportchef) lässt auf sich warten. Das ist fatal. Die Saison 2012/13 ist zwar sportlich bereits weitgehend verloren. Aber die Saison 2013/14 ist noch zu retten. Allerdings nur, wenn die Zukunft bereits jetzt aufgegleist wird. Die SCL Tigers brauchen neues Denken im Management (oder ein neues Management) noch viel dringender als ein neues Stadion.
Klausis bericht in 20 min.......